Die DGFIT bietet Mitgliedern und – je nach Platzangebot – auch Nichtmitgliedern die Veranstaltung von Kursen zu Evidence-Based Medicine an. Bitte bei Interesse an EBM-Kursen Kontakt mit Frau Dr. Hübner aufnehmen, es sind weitere Termine mit verschiedener Thematik in Vorbereitung, Themenwünsche sind möglich und Sie werden bei Interesse zu Terminen informiert. e-mail: andrea_huebner@dgfit.de
Autor: CheffeDgfit
Verleihung Clinical Science Award 2013
Auch in diesem Jahr hat die DGFIT einen mit 2.000,00 Euro dotierten Wissenschaftspreis zur Förderung klinischer Immun- und Targeted Therapie ausgeschrieben. Der unabhängigen Jury fiel es diesmal besonders schwer, aus den sechs eingereichten durchweg sehr interessanten Arbeiten die exzellenteste auszuwählen. Das Preiskomitee kam zu dem Schluss, den „Clinical Science Award 2013“ der DGFIT zu vergeben an:
Dr. med. Bastian Schilling, Universitätsklinikum Essen, Klinik für Dermatologie,
mit seiner Arbeit: „Vemurafenib reverses immunosuppression by myeloid derived suppressor cells“.
Im Rahmen der Preisverleihung auf dem Deutschen Krebskongress in Berlin am 22. Februar 2014 stellte Dr. Schilling seine innovativen Ergebnisse vor und diskutierte diese anschließend mit dem versierten Auditorium.
Auch indiesem Jahr schreibt die DGFIT e.V. den Clinical Science Award aus, um Arbeiten und Arbeitsgruppen rund um das Forschungsgebiet der Immun- und Targeted Therapie zu fördern. Bewerbungen bei der Geschäftsstelle sollten bis 01.08.2014 erfolgen.
Verleihung des „Clinical Science Award 2012“
Die diesjährige Clinical Science Award wurde am 29. September 2012 im Rahmen der DGU in Leipzig vergeben.
Ein unabhängiges Preiskomitee kam nach Begutachtung der zahlreich eingereichten hochqualifizierten Arbeiten zum Schluss, den diesjährigen „Clinical Science Award“ der DGFIT an PD Dr. D. Atanckovic und Dr. S. Metzelder zu vergeben.
PD Dr. Atanackovic aus der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Hamburg erhält die Auszeichnung für seine Arbeit „Surface molecule CD229 as a novel target for the diagnosis and treatment of multiple myeloma“. Auf der Suche nach funktionell relevanten Immunrezeptoren, welche spezifisch für das multiple Myelom sind, gelang es der Arbeitsgruppe CD229 zu identifizieren. Es konnte gezeigt werden, dass eine Downregulation des Rezeptors eine verstärkte Antitumor-Aktivität zur Folge hat und ein Targeting des Rezeptors eine Aktivierung der komplement und zellabhängigen Lyse induziert.
Dr. S. Metzelder aus der Klinik für Hämatologie/Onkologie/Immunologie der Universitätsklinik Marburg erhält den „Clinical Science Award“ für seine Arbeit „High activity of sorafenib in FLT3-ITD-positive acute myeloid leukemia synergizes with allo-immune effects to induce sustained responses“. Seine Arbeitsgruppe konnte erstmalig das klinisch kurative Potential des Tyrosinkinaseinhibitors Sorafenib in der Behandlung der FLT3-ITD positiven akuten myeloischen Leukämie aufzeigen. Entscheidend ist hier der Synergismus zwischen einer Targeted-Therapie mit Sorafenib und einer Immuntherapie im Sinne einer allogenen Stammzelltransplantation.
Beide Preisträger stellten Ihre Arbeiten im Rahmen der öffentlichen Preisverleihung im Congress Center Leipzig vor.
Immun- und Targeted Therapie in der Uroonkologie – was können wir erwarten?
Was gibt es Neues im Bereich der Uroonkologie, und welche Therapien sind in Zukunft denkbar? Wir informieren über die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Immun- und Targeted Therapi, die kürzlich auf den relevanten urologischen und onkologischen Kongressen im Jahr 2012 präsentiert wurden: die bereits etablierte zielgerichtete Behandlung beim Nierenzellkarzinom und die innovativen immuntherapeutischen Behandlungsansätze und Targeted Therapien von Prostata- und Harnblasenkarzinomen.
Einleitung/Hintergrund
Immuntherapie wird allgemein als die Behandlung von Krankheiten durch Beeinflussung des Immunsystems definiert. Daher umfassen entsprechende therapeutische Ansätze ein weites Spektrum wie z.B. aktive und passive Immunisierung, Hyposensibilisierung bei allergischen Erkrankungen, die Gabe von Immunglobulinfraktion bei Immundefekten, Immunsuppression bei Autoimmunkrankheiten und Transplantatabstossungsreaktionen, die Plasmapherese bei Immunkrankheiten und andere. Bei malignen Erkrankungen gewinnt das Konzept der Immuntherapie zunehmend an Bedeutung. Man unterscheidet hier spezifische Ansätze (gegen definierte Antigene, z.B. mit monoklonalen Antikörpern oder Immunotoxinen und -konjugaten) oder aber die unspezifische Stimulierung des Immunsystems (z.B. durch Immunmodulatoren wie das Bacillus Calmette-Guérin (BCG) oder Zytokine wie Interferon-α oder Interleukin-2). Für beide Methoden existieren aktive und passive Strategien. Insbesondere die aktiv-spezifische Immuntherapie (Tumorvakzinierung) erscheint für die Therapie maligner Erkrankungen attraktiv aufgrund des (zumindest theoretisch) sehr günstigen Risk/Benefit-Verhältnisses (=“therapeutischer Index“). Prominentes Beispiel in der Uro-Onkologie ist Sipuleucel-T (auch bekannt als APC8015), das im April 2010 unter dem Handelsnamen Provenge von der US-amerikanischen FDA für die Behandlung des hormonresistenten Prostatakarzinoms zugelassen wurde. Dabei werden den Patienten per Leukapherese mononukleäre Zellen entnommen, mit dem Fusionsprotein PA2024 (prostatic acid phosphatase (PAP) verbunden mit dem humanen Glykoprotein GM-CSF) beladen und schliesslich reinfundiert, was eine spezifische T-Zell Immunantwort induzieren soll. Klinisch wurde Sipuleucel-T in der Zulassungs-relevanten Phase III Studie (IMPACT) gut vertragen und führte in einer Kohorte von über 500 Patienten zu einer Verlängerung der mittleren Überlebenszeit um 4,1 Monate und einer Verbesserung der Drei-Jahres-Überlebensrate um 38%. Zwar ist Sipuleucel-T die bislang erste und einzige zugelassene Tumorvakzine, streng genommen müssten aber auch Impfungen gegen virale Antigene, die gesichert mit der Entstehung maligner Tumore in Verbindung gebracht werden (z.B. HPV, HBV), als „Krebsimpfstoffe“ (allerdings prophylaktisch und nicht therapeutisch) angesehen werden. Weitere Impfstoffe gegen Malignome befinden sich derzeit in der späten Phase der klinischen oder bereits im formalen Zulassungsverfahren wie z.B. BiovaxID (Idiotyp-Vakzine gewonnen aus autologen Tumorzellen bei Patienten mit Non-Hodgkin Lymphom), wofür der Zulassungsantrag zunächst bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA in naher Zukunft gestellt werden soll.
Auch der Begriff der zielgerichteten Krebstherapie (engl. targeted therapy) findet sich im Namen der Deutschen Gesellschaft für Immun- und Targeted Therapy (DGFIT) wieder. Allgemein wird damit die Behandlung mit verschiedenen neuartigen Arzneistoffen gegen Krebs zusammengefasst, die auf biologische und zytologische Eigenarten des Krebsgewebes gerichtet sind. Dazu gehören zum Beispiel gentechnisch hergestellte monoklonale Antikörper (Überlappung mit dem Begriff der passiv-spezifischen Immuntherapie) oder sogenannte small molecules. (z.B. Tyrosinkinaseinhibitoren). Da diese spezifischen Merkmale auf gesunden Zellen im Idealfall kaum oder gar nicht vorkommen, soll die gezielte Krebstherapie verträglicher und wirksamer sein als etablierte z.B. chemotherapeutische Behandlungsansätze. Während sich die Behandlung z.B. des metastasierten Nierenzellkarzinoms lange Zeit insbesondere auf Zytokine wie INF-α und Interleukin-2 stützte, fokusiert sich hier die zielgerichtete Krebstherapie vorallem auf Targets wie VEGF (vascular endothelial growth factor), PDGF (platelet derived growth factor), mTOR (mammalian target of rapamycin), aber auch neuere Targets wie VEGFR1-3 und ausserhalb der Uro-Onkologie auch FLT-3, c-KIT, CRAF, wtBRAF, V600E BRAF und weitere. Ein im August 2011 veröffentlichter Cochrane Review zur Wirksamkeit von targeted agents beim Nierenzellkarzinom hat in diesem Zusammenhang insbesondere Studien zu VEGF als Zielmolekül (15 Studien, 5587 Patienten, Bevacizumab, Sorafenib, Sunitinib, Pazopanib, Tivozanib, Axitinib) analysiert [1]. Während der Effekt auf das Progressions-freie Überleben eindeutig war (Erst- und Zweitlinietherapie), war die Verbesserung des Gesamtüberlebens oft wenig deutlich. Dies mag insbesondere am häufig erlaubtem „cross-over“ zwischen Behandlungsarmen aber auch an der heute meist früh eingesetzten Vielzahl von Therapielinien liegen. Beides macht eine Beurteilung des Effekts auf das Gesamtüberleben einer neuen Substanz schwierig.
Im Folgenden haben Repräsentanten der DGFIT die aktuellen Ergebnisse und Entwicklungen bei immuntherapeutischen Behandlungsansätzen und zielgerichteten Therapien für Urothelkarzinom, Nierenzellkarzinom und Prostatakarzinom zusammengefasst und kritisch bewertet.
Harnblasenkarzinom
Beim metastasierten Urothelkarzinom (mTCC) haben die „neuen“ Substanzen Eingang in Studienprotokolle gefunden. Erste richtungsweisende Ergebnisse in Kombination mit etablierten Chemotherapeutika als auch als Mono-Therapie wurden auf den Kongressen präsentiert. Auch der Erfolg der BCG-Instillationstherapie beim oberflächlichen Urothelkarzinom der Harnblase (NMIBC) stellt nach wie vor eine der erfolgreichsten Immuntherapien dar. Allerdings ist die optimale Dosierung/ Applikationsdauer/Zyklus bei gleichzeitig oft massiver Einschränkung der Lebensqualität bis dato nicht abschließend standardisiert.
Oberflächliches Urothelkarzinom (NMIBC)
Eine internationale randomisierte EORTC GU Arbeitsgruppe befasste sich mit der Frage inwieweit die Reduktion der BCG-Dosis (1/3 vs. full-dose) als auch die 1-jährige Applikation im Vergleich zur 3-jährigen Gabe Einfluss auf die Effektivität der BCG-Therapie hat. Brausi präsentierte die Ergebnisse 2012 in Paris (EAU) und Atlanta (AUA). 1335 Patienten mit einem intermediären und Hoch-Risiko NMIBC (ohne Cis) wurden randomisiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit war 7,1 Jahre. In dieser Zeit zeigten 43% der Gesamtpopulation ein Rezidiv, 8% einen Progress und 5% starben aufgrund des TCC. Die beste 5-Jahres Rezidv-Freiheit wurde mit der vollen Dosierung über 3 Jahre erreicht (64,2%) im Vergleich zur 1/3-Dosierung und 1-jährigen Gabe (54,4%). Allerdings zeigte sich statistisch kein signifikanter Vorteil weder für die volle BCG-Dosis im Vergleich zur reduzierten Dosis (p=0,092) noch für die 3- gegenüber der 1-jährigen BCG-Applikation (p=0,059). Auch die Progression und das Überleben waren nicht abhängig vom Therapiearm. 62,5% der Patienten, welche zur 3-jährigen BCG-Therapie (1/3 und volle BCG-Dosis) randomisiert wurden, haben die Therapie im ersten Jahr aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen. Die Autoren fassten abschließend zusammen, dass die Toxizität durch die Reduktion der BCG-Dosis nicht gesenkt wird und empfehlen aufgrund der Daten für Patienten mit intermediären Risiko die volle BCG-Dosis über 1 Jahr und bei Hoch-Risiko NMIBC die volle BCG-Dosis über 3 Jahre. Diese Daten bestätigen einerseits die Effektivität dieser Immuntherapie beim NMIBC, andererseits spiegeln sie auch das Dilemma im klinischen Alltag wider: der Balanceakt zwischen optimaler Therapiedauer/Effektivität und nicht zu unterschätzenden Nebenwirkungen [1].
Die Arbeitsgruppe um Thalmann aus Bern präsentierte ebenfalls auf beiden Kongressen in Paris (EAU) und Atlanta (AUA) Daten einer randomisierten Phase III Studie, welche sich mit der Effektivität der BCG-Stämme Connaught und Tice beschäftigte. 149 Patienten (TaG3/T1G3) wurden randomisiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 25 Monate (0,3-136). Das Nebenwirkungsprofil beider Gruppen war vergleichbar (p=0,42). Bei einer gesamten 5-Jahres Rezidiv-Freiheit von 61% zeigte sich ein signifikanter Vorteil der Connaught (75%) gegenüber der Tice Guppe (46%), eine verlängerte mediane Rezidivfreiheit (28 vs. 22 Monate), eine insgesamt verringerte Rezdivrate (p=0,002) und ein besseres 5-Jahres progressionsfreies Intervall (95% vs. 87%, p=0,059). Allerdings zeigte sich kein Unterschied im Gesamtüberleben. Diese sehr interessanten Daten zeigen sehr deutlich, dass die verschiedenen BCG-Stämme Unterschiede in der Effektivität bezogen auf das Rezidiv aufweisen. Obwohl das Gesamtüberleben nicht beeinflusst ist, sind diese Daten jedoch nicht unerheblich bezogen auf den Patientenkomfort, Anzahl der Resektionen usw. [2].
Auch im murinen Modell (MB49/Bl-6) konnten Unterschiede dieser beiden BCG-Stämme bezüglich der lokalen T-Zellantwort und dem Überleben gezeigt werden. Zusätzlich zeigte eine subkutane BCG-Applikation vor intravesikaler BCG-Instillation vorteilhafte Effekte mit einer verbesserten Anti-Tumor Antwort. Ob ein subkutaner BCG-Boost auch beim Menschen onkologisch effektiv ist muss durch zukünftige Untersuchungen geklärt werden [3].
Die Arbeitsgruppe aus Rochester/USA befasste sich mit der Frage inwieweit Vitamin D die Wirkung von BCG beeinflussen kann und präsentierte erste Daten in Atlanta 2012 (AUA). Gründend auf der Tatsache, dass ein Vitamin D Mangel mit einer erhöhten Risiko für eine Tuberkuloseerkrankung einhergeht und der positive Effekt der UV-Exposition bei Tuberkulosekraken via Aktivierung von Vitamin D und konsekutiv der Immunzellen zu erklären ist untersuchten sie den Einfluss von Vitamin D auf die durch BCG aktivierten Immunzellen. In-vitro zeigte sich, dass durch die Vitamin D Applikation die Produktion von BCG-induziertem Interleukin-8 unterstützt wird. Eine Verbesserung der anti-tumor Effekte von BCG durch zusätzliche Gabe von Vitamin D zeigte sich auch im orthotopen murinen Modell: bei gleichzeitiger intravesikaler Instillation von BCG/Vitamin D zeigte sich bei den Mäusen ein im Vergleich zur alleinigen BCG-Instillation verbessertes Überleben. Dieser sehr interessante Ansatz zur Verbesserung der BCG-Wirkung sollte weiter verfolgt werden, um abzuklären inwieweit sich diese noch experimentellen Daten beim Menschen bestätigen mit dem Ziel eine Optimierung der BCG-Therapie zu erreichen [4].
Interleukin-10 (IL-10) verringert die Th1-gewichtete Immunantwort und somit die BCG-Wirkung. In Atlanta (AUA) präsentierte Bockholt et al aus Iowa erste in-vitro und in-vivo Ergebnisse zum Einsatz eines monoklonalen Antikörpers, welcher selektiv den IL-10 Rezeptor blockiert (anti-IL-10R1). In-vitro zeigte sich eine dosisabhängige Steigerung der Interferonproduktion in Kombination mit BCG. Im murinen in-vivo Modell zeigte sich intravesikal eine gesteigerte Th1-Antwort auf die BCG-Therapie. Zusätzlich überlebten die mit BCG+anti-IL-10R1 behandelten Mäuse länger als die Tiere der Kontrollgruppe, welche nur mit BCG behandelt wurden. Diese ersten sehr vielversprechenden Daten zum Einsatz des monoklonalen Antikörpers anti-IL-10-R1 zur Steigerung der Effektivität einer intravesikalen BCG-Therapie zeigen, dass auch hier zielgerichtet therapiert werden kann. Weitere Untersuchungen und Studien sind unerlässlich um diese potentielle Wirkung und den damit verbundenen Nutzen für den Patienten zu eruieren [5].
Metastasiertes Urothelkarzinom (mTCC)
Ergebnisse der prospektiv, randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase II AUO-Studie AB31/05 wurden in Hamburg 2011 (DGU) vorgestellt. 89 Patienten waren auswertbar und erhielten „first-line“ die Standardtherapie Gemcitabine/Cisplatin und Placebo (Arm A, n=49) oder Gemcitabine/Cisplatin in Kombination mit dem TKI Sorafenib (Arm B, n=40). Nach median 4 Zyklen kam es unter der Hinzunahme von Sorafenib zu signifikant mehr Diarrhoen, bei ansonsten vergleichbaren Nebenwirkungen. Die Ansprechraten (p=0,57), das progressionsfreie Überleben (183 vs. 189 Tage, p=0,69) und das Gesamtüberleben (317 vs. 340 Tage, p=0,66) waren nicht signifikant unterschiedlich. Die zusätzliche Gabe von Sorafenib zu den Chemotherapeutika Gemcitabine/Cisplatin im Rahmen der „first-line“ Therapie ist aufgrund dieser Daten nicht sinnvoll [6].
Die Kombination des Antikörpers Bevacizumab (Bev) mit den Chemotherapeutika Gemcitabine und Carboplatin zeigte in einer Phase-II Studie einen Benefit. 47 von 51 Pat. (Ø 67 J.) waren auswertbar: es zeigte sich ein CR bei 6% (n=3) und ein PR bei 43% (n=20, RR 49%). Einen stabilen Verlauf zeigten 23% (n=11). Das mediane OS betrug 14,7 Monate bei einer medianen Zeit bis zum Progress von 6,5 Monaten. Allerdings traten bei 39% der Pat. Grad 3/4 Toxizitäten auf, bei 18% vaskulär-thrombo-embolische Nebenwirkungen. Durch die Hinzunahme des Antikörpers konnte in dieser kleinen Population die Zeit bis zur Progression und das Gesamtüberleben relativ verbessert werden. Weitere multizentrische Studien sind unerlässlich um den Nutzen dieser Kombinationstherapie auch im Hinblick auf die nicht unerheblichen Nebenwirkungen zu evaluieren [7].
Auch bezüglich des oralen m-TOR Inhibitor Everolimus als Mono-Second-Line-Therapie wurden interessante Daten auf dem ASCO 2011 in Chicago präsentiert. Seront und Mitarbeiter konnte einen moderaten Nutzen bei 37 Patienten von 10mg/d Everolimus zeigen: 8 Wochen nach Therapiebeginn zeigte sich ein partielles Ansprechen bei 5% (n=2), bei 22% (n=8) ein stabiler Befund und bei 73% (n=27) ein Progress. Die Dauer des Therapieerfolges betrug maximal 52 Wochen (n=1, 16 Wochen n=4, 24 Wochen n=2). Das Toxizitätsprofil war tolerabel. Zusätzlich wurden mehrere Biomarker im Plasma untersucht und es zeigte sich an dieser kleinen Kohorte, dass Angiopoietin-1, PDGF-AB und Endoglin mit dem Verlauf korrelieren (z.B. Abfall von Ang-1 bei PR/SD) [8].
Die Gruppe um Milowsky kam bei einer monozentrischen Phase-II Studie zu ähnlichen Ergebnissen: bei 37 auswertbaren Pat. betrug das mediane progressionsfreie Überleben 3,3 Monate bei einem medianen Überleben von 10,5 Monaten bei einer Mono-Therapie mit Everolimus [9].
Kürzlich wurden auf dem ESMO 2010 vielversprechende Daten zum Einsatz des TKI Pazopanib (800mg/d) beim mTCC vorgestellt. Aktuelle Zahlen bei 30 Patienten nach multiplen Vortherapien zeigten nach RECIST ein partielles Ansprechen bei 13% (n=4) und eine stabilen Krankheitsverlauf bei 67% (n=20). Orientierte man sich an Nekrosezeichen in der Bildgebung zeigte sich sogar ein Ansprechen bei 63%. Die Nebenwirkungen waren moderat (Grad1/2) und eine Dosisreduktion/Verzögerung/Abbruch der Therapie war nie nötig. Obwohl auch 29% der Pat. mit einem mTCC des oberen Harntraktes in die Studie eingeschlossen wurden ergaben sich 4 Wochen nach Therapiebeginn Ansprechraten von 80%. Die Autoren schlussfolgern, dass die Ansprechraten aufgrund der nachgewiesenen Nekroseareale der Läsionen in der Bildgebung sogar noch höher liegen und fordern „neue“ Bemessungskriterien bei der Evaluation des Ansprechens von Angiognese-Inhibitoren. Unabhängig von der Interpretation der Bildgebung sind diese Daten an einem nicht repräsentativen Kollektiv kritisch zu sehen. Auch unter der Tatsache, dass eine andere Arbeitsgruppe auf dem ASCO 2011 diese doch äußerst positiven Ergebnisse an 19 Patienten nicht nachvollziehen konnte: Es zeigte sich bei 16 auswertbaren Patienten kein Ansprechen nach RECIST bei einem sehr moderaten medianen PFS von 1,9 Monaten [10,11].
In Hamburg (DGU 2011) und Paris (EAU 2012) 2012 wurden die ersten Ergebnisse der AUO-Studie AB35/09 vorgestellt. 18 Patienten waren auswertbar. Diese erhielten eine Kombination des Chemotherapeutikums Paclitaxel (175 mg/m2 i.v. alle 3 Wochen) und des m-TOR Inhibitors Everolimus (10mg/d p.o.) als Second-line Therapie nach Cisplatin-basierter Vortherapie. Im Median wurden 3 Zyklen appliziert. Grad 3/4 Toxizitäten zeigten sich bei 55,5% der Patienten (10/18): 22% Anämie, 17% Leukopenie, 11% Thrombopenie. Everolimus musste bei 7 Patienten, Paclitaxel bei 2 Patienten reduziert werden. Diese ersten Daten zeigen, dass die Kombination dieser beiden Substanzen sicher ist und keine Zunahme der Toxizitäten aufweist. Mit Spannung werden nun die Daten bzgl. des Ansprechens und Überlebens erwartet [12].
Eine japanische Arbeitsgruppe präsentierte in Paris 2012 (EAU) Daten einer Phase-I Studie: es erfolgte eine 4-malige Vakzination mit einem „survivin-derived-peptide“ (SDP) subkutan alle 2 Wochen in Kombination mit einer Interferon-Injektion 2mal/Woche. 9 Patienten wurden eingeschlossen in die Untersuchung, welche HLA-A24 positiv waren und der Tumor eine Survivin-Expression zeigte. Bei zwei Patienten zeigte sich unter Therapie ein Progress mit konsekutivem Abbruch. Die Verträglichkeit war bis auf intermittierendes Fieber bei 8 Patienten sehr gut. Es zeigte sich bei 6 Patienten ein signifikanter Anstieg der peptid-spezifischen zytotoxischen T-Zellen. Zu einer dezenten Tumorreduktion kam es bei 1, zu einem stabilen Verlauf bei 4 Patienten. Diese ersten Phase-I Daten zeigen, dass dieser immunologische Ansatz, bis auf die gängigen Nebenwirkungen einer Immuntherapie, sicher scheint bei gleichzeitiger anti-tumorösen Aktivität. Weitere Studien müssen folgen, um die Wirksamkeit dieses innovativen immuntherapeutischen Konzeptes zu klären [13].
Auch der Einsatz des EGFR-Inhibitor Cetuximab in der Zweitlinientherapie mit/ohne Paclitaxel zeigte vielversprechende Ergebnisse, ebenso wie erste Erfahrungen mit dem Polo Like Kinase 1 Hemmer Volasertib [14,15].
Für die Zukunft darf man erwarten, dass speziell die therapeutische Bandbreite des mTCC durch die Einführung der bereits etablierten als auch neuen Targetsubstanzen und der immun-modulatorischen Therapieansätze deutlich größer wird. Unerlässlich für dieses Vorhaben ist natürlich ein Verständnis für die Tumorprozesse und deren weitere Entschlüsselung.
Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom ist in der westlichen Welt die häufigste Krebserkrankung des Mannes und eine der häufigsten Krebstodesursachen. In den letzten Jahren sind wesentliche Erfolge in der Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms mittels Operation und Strahlentherapie erzielt worden. Problematisch bleibt weiterhin die Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms. Bisherige Behandlungsstrategien wie antiandrogene Therapie und Chemotherapie sind hinsichtlich der Effektivität, Toleranzentwicklung und Kreuzresistenz eingeschränkt. Durch das zunehmende Verständnis der Immunologie und insbesondere der Tumorimmunologie wächst die Hoffnung auf eine neue Therapiemodalität mit unabhängigem Wirkmechanismus und niedriger Toxizität.
Immunsystem und Krebs
Unter den möglichen Formen einer Immuntherapie ist insbesondere die adaptive Immunantwort interessant, da sie zwischen Fremd- und Eigenantigenen unterscheiden kann. Das adaptive Immunsystem wird überwiegend von den Antigen-Präsentierenden Zellen (APC) gebildet. Dazu zählen die Dendritischen Zellen (DC) und die CD4+ und CD8+ T-Zellen. APCs können T-Zellen durch die Präsentation von endogenem als auch exogenem Protein mittels des Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) aktivieren. Die Stimulation des T-Zell-Rezeptors und anderer Oberflächenrezeptoren führt dann zu einer optimalen T-Zellantwort [1]. Krebserkrankungen können durch Interaktionen mit dem Immunsystem zu einer Schwächung des adaptiven Immunsystems führen. Mechanismen im Defekt der Antigenpräsentation der APCs, Förderung eines immunsuppresiven Milieus, Veränderung der Zytokinkaskade, T-Zell-Blockierung und Hochregulierung der T-Suppressorzellen sind mögliche Angriffspunkte zur Schwächung der Immunabwehr.
Rationale für den Einsatz der Immuntherapie beim Prostatakarzinom
Insbesondere die Tumorvakzinierung scheint beim Prostatakarzinom aus mehreren Gründen ein sinnvoller therapeutischer Ansatz zu sein [2]. Erstens, durch die geringe Proliferationsrate des Prostatakarzinoms hat das Immunsystem ausreichend Zeit für eine adäquate Immunantwort. Zweitens bietet das Prostatakarzinom eine Reihe von Oberflächenmarkern (z.B. PSA oder PAP oder PSMA), die für eine Vakzinierung verwendet werden können. Drittens ist die Prostata von Seiten der Organfunktion prinzipiell entbehrlich und damit ist das zu erwartende Nebenwirkungsspektrum einer spezifischen Immunantwort als gering einzustufen.
Verschiedene Ansätze der Immuntherapie beim Prostatakarzinom
DC-Vakzine
Sipuleucel-T (Provenge, Dendreon, USA) wurde von der US Food and Drug Administration (FDA) im April 2010 zur Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zugelassen. Sipuleucel-T besteht aus autologen DCs, die beim Patienten durch Leukophorese gewonnen werden, und dann mit dem Fusionsprotein (PA2014) bestehend aus PAP und GM-CSF kultiviert werden. Die Zulassung beruht auf eine positive Phase 3 Studie (IMPACT), in die 512 Männer mit kastrationsresistenten, metastasierten Prostatakarzinom eingeschlossen wurden, die noch keine Chemotherapie erhalten hatten. Im Vergleich zum Placebo-Arm war das mediane Überleben signifikant verlängert, das Versterberisiko war in der Sipuleucel-T-Gruppe um 22% reduziert. Auffällig war, dass dabei das Tumoransprechen minimal war und die Zeit bis zur Tumorprogression sich zwischen den beiden Armen nicht unterschied. Die Verträglichkeit der Therapie war allerdings gut bis moderat. In Subgruppenanalysen zeigte sich der Überlebensvorteil über alle Subgruppen identisch [3].
Vakzine mit viralen Vektoren
Diese Vakzinierung bedient sich viraler Vektoren, um Tumorantigene in APGs einzuschleusen. Ein Beispiel dieser Strategie ist Prostvac-VF (BN Immunotherapeutics, USA), das aus zwei rekombinanten viralen Vektoren besteht und für PSA und TRICOM codieren. TRICOM wird für die Expression ko-stimulierende Moleküle (ICAM, CD54, CD80, CD58) eingesetzt. In einer placebo-kontrollierten Phase 2-Studie erhielten 82 Patienten mit kastrationsresistenten, minimal symptomatisch metastasierten Prostatakarzinom Prostvac-VF und 40 Patienten einen Kontroll-Vektor (Placebo). Ähnlich wie in der IMPACT-Studie fanden sich keine Unterschiede im progressionsfreien Überleben zwischen den Behandlungsgruppen. Nachdem die Studie bereits als „negativ“ bewertet wurde, zeigte nach 3 Jahren nach Studienende ein signifikant besseres Überleben in der Behandlungsgruppe mit Prostvac-VF (25.1 Monate versus 16.6 Monate, p = 0.0061). Das 3-Jahres-Überleben war mit 30% versus 17% ebenfalls in der Prostvac-VF-Gruppe besser [4]. Basierend auf diesen ermutigenden Daten sind eine Reihe weiterer Studien mit dem Ziel der Zulassung unterwegs.
DNA-basierte Vakzine
DNA-basierte Vakzine basieren auf einem DNA-Plasmid, das für ein spezifisches Tumorantigen codiert. Nachteil ist die geringere Immunisierung gegenüber den viralen Vektoren. In zahlreichen Untersuchungen wird versucht, durch zusätzliche Zytokingabe (GM-CSF oder IL-2), Zugabe weiterer Plasmide oder Modifikationen des DNA-Plasmids, die Immunogenität zu verstärken. In einer Phase 1/2 Studie sind 22 Patienten mit einem DNA-Plasmid für PAP zusammen mit GM-CSF behandelt worden. Dabei konnte die PSA-Verdopplungszeit signifikant verlängert werden (6.5 Monate auf 8.5 Monate unter Therapie) [5].
mRNA-basierte Vakzine
mRNA-basierte Vakzine haben den Vorteil, dass ihre Wirksamkeit nur auf das Zytoplasma angewiesen ist und keinen Promotor benötigt. Die Vakzinierung kann über mehrere Methoden erfolgen wie zum Beispiel via Einschluss in Liposomen oder in vitro Transfektion. CV9103 (CureVac, Deutschland) ist eine mRNA-Vakzine mit vier spezifischen Prostataantigenen, unter anderem für PSA und PSMA. Erste klinische Anwendungen sind in der Literatur berichtet worden [6].
Peptid-basierte Vakzine
Vorteil der Peptid-basierten Vakzinierung ist die einfache Herstellung und der zielgerichtete Einsatz gegen unterschiedliche tumorassozierte Antigene. Nachteilig sind auch hier die geringe Immunogenität und die Entwicklung einer schnellen Immuntoleranz gegen die Vakzine. In der klinischen Erprobung befindet sich MKC1106-PP (Mann Kind Corporation, USA), eine Kombination aus DNA- und Peptid-basierten Vakzine. Die Applikation erfolgt durch Injektion in Lymphknoten. Klinische Therapieeffekte bei guter Verträglichkeit wurden berichtet [7].
Tumorzell-basierte Vakzine
Eine Vakzinierung mit Tumorzellen hat den Vorteil einer Immunisierung mit einer Vielzahl von verschiedenen Tumorantigenen. Dies könnte zu einer mehr generalisierten T-Zellantwort gegen multiple Antigene führen. Sowohl autologe als Tumorzelllinie sind klinisch getestet worden. Bei prostate-GVAX (Cell Genesys, USA) kommt eine Zelllinie zum Einsatz, die auf LNCaP und PC-3 beruht. Phase 3-Studien zeigen bisher negative Ergebnisse [8].
Eine Reihe weiterer immunologischer Angriffspunkte befinden sich in der klinischen Erprobung [9].
Zusammenfassung
Die Verbesserung des Gesamtüberlebens durch Sipuleucel-T führte zur Zulassung des ersten Immuntherapeutikums in der Behandlung des kastrationsresitenten Prostatakarzinoms. Allerdings ist der klinische Benefit bisher nur als moderat einzuschätzen. Weitere Strategien der Immuntherapie sind vielversprechend. Aufgrund der guten Verträglichkeit scheint in Zukunft auch eine Kombination verschiedener Immuntherapien möglich zu sein. Weitere Untersuchungen und Identifizierung von Prognosemarkern bzw. Biomarkern sind notwendig, um diejenigen Patienten zu identifizieren, die am besten von einer Immuntherapie profitieren.
Metastasiertes Nierenzellkarzinom
Nachdem beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mNZK) die Therapie viele Jahre aus einer Immunbasierten Therapie mit Interferonen und Interleukin-2, zum Teil auch kombiniert mit verschiedenen Chemotherapien (z.B. 5-Fluorouracil) bestand, hat sich das Therapiespektrum seit dem Jahr 2006 grundlegend gewandelt. Seitdem sind bislang sechs neue Medikamente für das mNZK zugelassen worden. Neben den oralen Tyrosinkinase Inhibitoren (TKI) Pazopanib, Sunitinib und Sorafinib sind die mTOR Inhibitoren Temsirolimus und Everolimus zugelassen. Bevacizumab als VEGF Antikörper wird in Kombination mit Interferon alfa verwendet und stellt damit derzeit die einzige Kombination eines neuen Präparates mit der früheren Standard-Immuntherapie dar. Ausser in Ausnahmefällen (z.B. Hochdosis Interleukin-2 Therapie mit dem Ziel der kompletten Remission) hat damit die Immuntherapie wie Sie früher verwandt wurde inzwischen ihre Bedeutung komplett verloren [1]. Zwar haben sich durch die neuen Therapien die Überlebenszeiten der Patienten verlängert, nicht auch zuletzt durch die Möglichkeiten der verschiedenen Folgetherapien, auch Nebenwirkungsraten sind zum Teil geringer geworden, trotzdem bleiben noch viele Fragen offen, die durch weitere Studien geklärt werden müssen. So ist die Sequenz der einzelnen Therapien in vielen Fällen unklar, Kombinationstherapien müssen untersucht werden und ein bislang ungelöstes Problem stellt die Behandlung Nicht-klarzelliger Karzinome dar. Im Folgenden soll versucht werden, auf einige dieser Fragen durch die Diskussion neuer Studienergebnisse einzugehen:
Neue Substanzen
Der US-Pharmakonzern Pfizer hat Ende Januar 2012 von der US-amerikanischen Arzneibehörde (FDA) die Zulassung für ein neues Medikament zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (mNZK) nach Versagen einer vorherigen systemischen Therapie erhalten: Das oral zu verabreichende Axitinib (InlytaTM) ist ein Tyrosinkinasehemmer, der selektiv die VEGF-Rezeptoren 1, 2 und 3 hemmt – und nach den auch in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln Sorafenib, Sunitinib, Temsirolimus, Everolimus, Bevacizumab und Pazopanib das siebte Arzneimittel ist, das zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms eingesetzt wird. Ausschlaggebend für die Zulassung war eine randomisierte, offene Multicenterstudie [2, AXIS-Trial] mit 723 Patienten mit klarzelligem mNZK nach Versagen einer vorherigen systemischen Therapie (entweder mit Sunitinib, Temsirolimus, Bevacizumab oder Zytokinen). Jeweils die Hälfte der Patienten erhielten entweder Axitinib (5 mg, zweimal täglich oral) oder Sorafenib (400 mg, zweimal täglich oral) bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder solange bis toxische Nebenwirkungen nicht mehr akzeptabel waren und zum Therapieabbruch zwangen. Von der Studie ausgeschlossen waren Patienten mit unkontrolliertem Bluthochdruck. Bei Patienten ohne Hypertonus oder ohne Nebenwirkungen grösser als Grad 2 konnt die Axitinib Dosis auf 7 und 10mg erhöht werden. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). Das mediane PFS war mit 6,7 Monaten bei den Axitinib-Patienten signifikant besser als bei den Sorafenib-Patienten mit 4,7 Monaten. (hazard ratio 0·665; 95% CI 0·544-0·812; p<0·0001).
Häufigste Nebenwirkungen unter Axitinib (≥ 20 %) waren Diarrhö, Bluthochdruck, Fatigue, verminderter Appetit, Übelkeit, Dysphonie (Beeinträchtigung des stimmlichen Teils der Artikulation), Hand-Fuß-Syndrom, Gewichtsabnahme, Erbrechen, Asthenie und Obstipation. Andere schwere unerwünschte Wirkungen unter Axitinib waren hypertensive Krise, arterielle und venöse Thrombosen, Hämorrhagie, gastrointestinale Perforation und Fistelbildung und reversibles Leukenzephalopathie-Syndrom. In Zukunft wird sich damit Axitinib als Zweitlinien Präparat neben Sunitinib etablieren.
Derzeit befinden sich zwei weitere orale TKI in klinischer Phase 3 Prüfung: Tivozanib ist ein Inhibitor gegen VEGFR 1,2,3 PDGFR und c-KIT. Die ersten Daten eine Studie mit Soprafenib in der Erstlinie zeigten ein signifikant verbessertes PFS von 11.9 Monaten bei Tivozanib im Vergleich mit Sorafenib mit 9.1 Monaten in der Gesamtpopulation. Als häufigste schwere Nebenwirkung trat ein arterieller Hypertonus auf. Dovitinib ist ein VEGFR und FGFR-Inhibitor, welcher durch die FGFR-Inhibition die Resistenz gegenüber der VEGFR-Inhibition aufheben soll. Derzeit wird dieser TKI in der Drittlinie versus Sorafenib nach TKI und mTOR untersucht.
Kombinationen
Neu ist ebenso eine Studie mit AMG 386, ein selektiver Angiopoetin-1 und -2 Antagonist der Firma Amgen. In einer randomisierten Phase II Studie von Rini [3] wurden 152 Patienten mit mNZK in 3 Armen in der Erstlinie behandelt. Im 1. Arm AMG 386 3mg/kg plus Sorafenib, im 2. Arm AMG 386 10mg/kg plus Sorafenib und im 3. Arm Placebo plus Sorafenib. Sorafenib wurde jeweils 2x400mg p.o. gegeben. Primärer Endpunkt war das PFS. Es zeigte sich in dieser Studie allerdings kein Vorteil durch die Kombination mit AMG 386 im PFS. Jedoch zeigte sich als Nebeneffekt in dieser Studie, dass das PFS von Sorafenib in Kombination mit Placebo in der Erstlinie bei 9 Monaten lag und damit deutlich höher als in früheren Studien wo das PFS nur bei etwa 5 Monaten lag, wodurch Sorafenib bisher nicht für die Erstlinie Therapie empfohlen wurde.
In der inzwischen publizierten Torava Studie [4] wurde die Kombination von Temsirolimus mit Bevacizumab, mit Sunitinib und mit Bevacizumab in Kombination mit Interferon alfa in einer Phase 2 Studie verglichen. Es wurden insgesamt 171 Patienten mNZK 2:1:1 randomisiert. Es wurden dabei die jeweils zugelassenen Dosierungen verwendet. Als Endpunkt wurde das PFS nach 1 Jahr gewertet. Dabei zeigte sich, das die Kombination Temsirolimus mit Bevacizumab keinen Vorteil im PFS hatte. Interessanterweise zeigte Bevacizumab mit Interferon das längste PFS mit 61%. Begründung dafür könnte sein, dass die Kombination Temsirolimus mit Bevacizumab so starke Nebenwirkungen hatte, das die Therapiezeit nur sehr kurz war. Auch unter Sunitinib war die Nebenwirkungsrate höher und damit die Therapiezeit kürzer.
Nebenwirkungen
Im Rahmen des Avoren-Trials (Zulassungsstudie von Bevacizumab) zeigt sich in einer Untergruppe, dass durch die Reduktion von Interferon alfa von 3×9 Mio IE auf 3×3 Mio. IE pro Woche die Nebenwirkungsrate deutlich reduziert werden konnte, während die Effektivität gleich blieb. Dies sollte in der Bevlin-Studie weiter untersucht werden. Es wurden in der einarmigen Studie 147 unbehandelte nephrektomierte Patienten mit metastasiertem klarzelligen NZK untersucht. Nachteil der Studie ist, das als Vergleichsgruppe nur ein historisches Kollektiv der Avoren Studie herangezogen wurde. Aber die Daten zeigen ein deutlich besseres medianes PFS von 14.8 Monaten in der Bevlin Studie im Vergleich zu 10.5 Monaten im Avoren Trial. Gleichzeitig konnte durch Reduktion der Interferon Dosis die Nebenwirkungsrate deutlich gesenkt werden: Fieber 19% versus 45%, Fatigue 27% versus 35%, Asthenie 8% versus 31%.
In der Effekt Studie [5] wurde untersucht, ob durch die kontinuierliche, aber geringe Gabe von Sunitinib (37.5 mg/Tag) im Vergleich zum üblichen Schema (50 mg über 4 Wochen / 2 Wochen Pause) die Nebenwirkungsrate vermindert bzw. die Effektivität gesteigert werden kann. Dazu wurden jeweils 146 mNZK Patienten in der Erstlinie 1:1 randomisiert. Ergebnis war ein schlechteres Ansprechen im Rahmen der kontinuierlichen verminderten Sunitinib Gabe (Zeit bis zur Progression 7.1 Monate versus 9.9 Monate mit der Standard Dosis). Auch die Nebenwirkungen konnten, wie in einer weiteren Studie gezeigt wurde, durch eine verminderte Dosis nicht signifikant gesenkt werden [6].
Aktuelle Studien
In der Erstlinientherapie wird im Rahmen der Comparz Studie Pazopanib versus Sunitinib untersucht. Bezüglich der Sequenztherapie beschäftigt sich die Switch Studie mit der Sequenz Sunitinib gefolgt von Sorafinib versus Sorafinib gefolgt von Sunitinib. In der Record-3 Studie wird Everolimus gefolgt von Sunitinib versus Sunitinib gefolgt von Everolimus untersucht. In der Zweitlinientherapie wird nach Versagen von Sunitinib die Wirkung von Temsirolimus versus Sorafinib untersucht. Zum Thema Kombinationstherapie gibt es die Intoract Studie welche die Kombination von Bevacizumab und Temsirolimus versus Bevacizumab und Interferon untersucht. Weiterhin die Record-2 Studie, welche Bevacizumab und Interferon versus Bevacizumab und Everolimus untersucht. Die Daten dieser genannten Studien sind 2012 bzw. 2013 zu erwarten.
Nicht-klarzelliges Nierenzellkarzinom
Es gibt bislang nur wenige Daten der neuen Substanzen zum nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinom. In der Regel handelte es sich um Subgruppen Analysen der bestehenden trials. Hierbei konnten in kleinen Patientengruppen durch die Therapie mit Sunitinib, Sorafenib, Tivozanib PFS im Mittel um 6 Monate erreicht werden. Temsirolimus konnte bei schlechten Prognose Gruppen bis zu 7 Monate PFS erreichen.
Beim papillären NZK scheint sich mit Foretinib eine interessante neue Substanz zu finden. Das papilläre NZK besitzt eine aktivierende Mutation in der c-Met Rezeptor Thyrosinkinase. C-Met ist involviert in der Angiogenese und fördert die Proliferation und Migration von Zellen. Foretinib ist ein dualer VEGFR und c-MET Rezeptor TKI und hemmt die Proliferation und Angiogenese im Tumor. Erste Daten einer Phase-2 Studie zeigten vielversprechende Ergebnisse mit bis zu 86% Response Raten.
Verleihung Clinical Science Award 2012
Die diesjährige Clinical Science Award wurde am 29. September 2012 im Rahmen der DGU in Leipzig vergeben.
Ein unabhängiges Preiskomitee kam nach Begutachtung der zahlreich eingereichten hochqualifizierten Arbeiten zum Schluss, den diesjährigen „Clinical Science Award“ der DGFIT an PD Dr. D. Atanckovic und Dr. S. Metzelder zu vergeben.
PD Dr. Atanackovic aus der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Hamburg erhält die Auszeichnung für seine Arbeit „Surface molecule CD229 as a novel target for the diagnosis and treatment of multiple myeloma“. Auf der Suche nach funktionell relevanten Immunrezeptoren, welche spezifisch für das multiple Myelom sind, gelang es der Arbeitsgruppe CD229 zu identifizieren. Es konnte gezeigt werden, dass eine Downregulation des Rezeptors eine verstärkte Antitumor-Aktivität zur Folge hat und ein Targeting des Rezeptors eine Aktivierung der komplement und zellabhängigen Lyse induziert.
Dr. S. Metzelder aus der Klinik für Hämatologie/Onkologie/Immunologie der Universitätsklinik Marburg erhält den „Clinical Science Award“ für seine Arbeit „High activity of sorafenib in FLT3-ITD-positive acute myeloid leukemia synergizes with allo-immune effects to induce sustained responses“. Seine Arbeitsgruppe konnte erstmalig das klinisch kurative Potential des Tyrosinkinaseinhibitors Sorafenib in der Behandlung der FLT3-ITD positiven akuten myeloischen Leukämie aufzeigen. Entscheidend ist hier der Synergismus zwischen einer Targeted-Therapie mit Sorafenib und einer Immuntherapie im Sinne einer allogenen Stammzelltransplantation.
Beide Preisträger stellten Ihre Arbeiten im Rahmen der öffentlichen Preisverleihung im Congress Center Leipzig vor.
Immun- und Targeted Therapie in der Uroonkologie – was können wir erwarten?
Was gibt es Neues im Bereich der Uroonkologie, und welche Therapien sind in Zukunft denkbar? Wir informieren über die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Immun- und Targeted Therapi, die kürzlich auf den relevanten urologischen und onkologischen Kongressen im Jahr 2012 präsentiert wurden: die bereits etablierte zielgerichtete Behandlung beim Nierenzellkarzinom und die innovativen immuntherapeutischen Behandlungsansätze und Targeted Therapien von Prostata- und Harnblasenkarzinomen.
Einleitung/Hintergrund
Immuntherapie wird allgemein als die Behandlung von Krankheiten durch Beeinflussung des Immunsystems definiert. Daher umfassen entsprechende therapeutische Ansätze ein weites Spektrum wie z.B. aktive und passive Immunisierung, Hyposensibilisierung bei allergischen Erkrankungen, die Gabe von Immunglobulinfraktion bei Immundefekten, Immunsuppression bei Autoimmunkrankheiten und Transplantatabstossungsreaktionen, die Plasmapherese bei Immunkrankheiten und andere. Bei malignen Erkrankungen gewinnt das Konzept der Immuntherapie zunehmend an Bedeutung. Man unterscheidet hier spezifische Ansätze (gegen definierte Antigene, z.B. mit monoklonalen Antikörpern oder Immunotoxinen und -konjugaten) oder aber die unspezifische Stimulierung des Immunsystems (z.B. durch Immunmodulatoren wie das Bacillus Calmette-Guérin (BCG) oder Zytokine wie Interferon-α oder Interleukin-2). Für beide Methoden existieren aktive und passive Strategien. Insbesondere die aktiv-spezifische Immuntherapie (Tumorvakzinierung) erscheint für die Therapie maligner Erkrankungen attraktiv aufgrund des (zumindest theoretisch) sehr günstigen Risk/Benefit-Verhältnisses (=“therapeutischer Index“). Prominentes Beispiel in der Uro-Onkologie ist Sipuleucel-T (auch bekannt als APC8015), das im April 2010 unter dem Handelsnamen Provenge von der US-amerikanischen FDA für die Behandlung des hormonresistenten Prostatakarzinoms zugelassen wurde. Dabei werden den Patienten per Leukapherese mononukleäre Zellen entnommen, mit dem Fusionsprotein PA2024 (prostatic acid phosphatase (PAP) verbunden mit dem humanen Glykoprotein GM-CSF) beladen und schliesslich reinfundiert, was eine spezifische T-Zell Immunantwort induzieren soll. Klinisch wurde Sipuleucel-T in der Zulassungs-relevanten Phase III Studie (IMPACT) gut vertragen und führte in einer Kohorte von über 500 Patienten zu einer Verlängerung der mittleren Überlebenszeit um 4,1 Monate und einer Verbesserung der Drei-Jahres-Überlebensrate um 38%. Zwar ist Sipuleucel-T die bislang erste und einzige zugelassene Tumorvakzine, streng genommen müssten aber auch Impfungen gegen virale Antigene, die gesichert mit der Entstehung maligner Tumore in Verbindung gebracht werden (z.B. HPV, HBV), als „Krebsimpfstoffe“ (allerdings prophylaktisch und nicht therapeutisch) angesehen werden. Weitere Impfstoffe gegen Malignome befinden sich derzeit in der späten Phase der klinischen oder bereits im formalen Zulassungsverfahren wie z.B. BiovaxID (Idiotyp-Vakzine gewonnen aus autologen Tumorzellen bei Patienten mit Non-Hodgkin Lymphom), wofür der Zulassungsantrag zunächst bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA in naher Zukunft gestellt werden soll.
Auch der Begriff der zielgerichteten Krebstherapie (engl. targeted therapy) findet sich im Namen der Deutschen Gesellschaft für Immun- und Targeted Therapy (DGFIT) wieder. Allgemein wird damit die Behandlung mit verschiedenen neuartigen Arzneistoffen gegen Krebs zusammengefasst, die auf biologische und zytologische Eigenarten des Krebsgewebes gerichtet sind. Dazu gehören zum Beispiel gentechnisch hergestellte monoklonale Antikörper (Überlappung mit dem Begriff der passiv-spezifischen Immuntherapie) oder sogenannte small molecules. (z.B. Tyrosinkinaseinhibitoren). Da diese spezifischen Merkmale auf gesunden Zellen im Idealfall kaum oder gar nicht vorkommen, soll die gezielte Krebstherapie verträglicher und wirksamer sein als etablierte z.B. chemotherapeutische Behandlungsansätze. Während sich die Behandlung z.B. des metastasierten Nierenzellkarzinoms lange Zeit insbesondere auf Zytokine wie INF-α und Interleukin-2 stützte, fokusiert sich hier die zielgerichtete Krebstherapie vorallem auf Targets wie VEGF (vascular endothelial growth factor), PDGF (platelet derived growth factor), mTOR (mammalian target of rapamycin), aber auch neuere Targets wie VEGFR1-3 und ausserhalb der Uro-Onkologie auch FLT-3, c-KIT, CRAF, wtBRAF, V600E BRAF und weitere. Ein im August 2011 veröffentlichter Cochrane Review zur Wirksamkeit von targeted agents beim Nierenzellkarzinom hat in diesem Zusammenhang insbesondere Studien zu VEGF als Zielmolekül (15 Studien, 5587 Patienten, Bevacizumab, Sorafenib, Sunitinib, Pazopanib, Tivozanib, Axitinib) analysiert [1]. Während der Effekt auf das Progressions-freie Überleben eindeutig war (Erst- und Zweitlinietherapie), war die Verbesserung des Gesamtüberlebens oft wenig deutlich. Dies mag insbesondere am häufig erlaubtem „cross-over“ zwischen Behandlungsarmen aber auch an der heute meist früh eingesetzten Vielzahl von Therapielinien liegen. Beides macht eine Beurteilung des Effekts auf das Gesamtüberleben einer neuen Substanz schwierig.
Im Folgenden haben Repräsentanten der DGFIT die aktuellen Ergebnisse und Entwicklungen bei immuntherapeutischen Behandlungsansätzen und zielgerichteten Therapien für Urothelkarzinom, Nierenzellkarzinom und Prostatakarzinom zusammengefasst und kritisch bewertet.
Harnblasenkarzinom
Beim metastasierten Urothelkarzinom (mTCC) haben die „neuen“ Substanzen Eingang in Studienprotokolle gefunden. Erste richtungsweisende Ergebnisse in Kombination mit etablierten Chemotherapeutika als auch als Mono-Therapie wurden auf den Kongressen präsentiert. Auch der Erfolg der BCG-Instillationstherapie beim oberflächlichen Urothelkarzinom der Harnblase (NMIBC) stellt nach wie vor eine der erfolgreichsten Immuntherapien dar. Allerdings ist die optimale Dosierung/ Applikationsdauer/Zyklus bei gleichzeitig oft massiver Einschränkung der Lebensqualität bis dato nicht abschließend standardisiert.
Oberflächliches Urothelkarzinom (NMIBC)
Eine internationale randomisierte EORTC GU Arbeitsgruppe befasste sich mit der Frage inwieweit die Reduktion der BCG-Dosis (1/3 vs. full-dose) als auch die 1-jährige Applikation im Vergleich zur 3-jährigen Gabe Einfluss auf die Effektivität der BCG-Therapie hat. Brausi präsentierte die Ergebnisse 2012 in Paris (EAU) und Atlanta (AUA). 1335 Patienten mit einem intermediären und Hoch-Risiko NMIBC (ohne Cis) wurden randomisiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit war 7,1 Jahre. In dieser Zeit zeigten 43% der Gesamtpopulation ein Rezidiv, 8% einen Progress und 5% starben aufgrund des TCC. Die beste 5-Jahres Rezidv-Freiheit wurde mit der vollen Dosierung über 3 Jahre erreicht (64,2%) im Vergleich zur 1/3-Dosierung und 1-jährigen Gabe (54,4%). Allerdings zeigte sich statistisch kein signifikanter Vorteil weder für die volle BCG-Dosis im Vergleich zur reduzierten Dosis (p=0,092) noch für die 3- gegenüber der 1-jährigen BCG-Applikation (p=0,059). Auch die Progression und das Überleben waren nicht abhängig vom Therapiearm. 62,5% der Patienten, welche zur 3-jährigen BCG-Therapie (1/3 und volle BCG-Dosis) randomisiert wurden, haben die Therapie im ersten Jahr aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen. Die Autoren fassten abschließend zusammen, dass die Toxizität durch die Reduktion der BCG-Dosis nicht gesenkt wird und empfehlen aufgrund der Daten für Patienten mit intermediären Risiko die volle BCG-Dosis über 1 Jahr und bei Hoch-Risiko NMIBC die volle BCG-Dosis über 3 Jahre. Diese Daten bestätigen einerseits die Effektivität dieser Immuntherapie beim NMIBC, andererseits spiegeln sie auch das Dilemma im klinischen Alltag wider: der Balanceakt zwischen optimaler Therapiedauer/Effektivität und nicht zu unterschätzenden Nebenwirkungen [1].
Die Arbeitsgruppe um Thalmann aus Bern präsentierte ebenfalls auf beiden Kongressen in Paris (EAU) und Atlanta (AUA) Daten einer randomisierten Phase III Studie, welche sich mit der Effektivität der BCG-Stämme Connaught und Tice beschäftigte. 149 Patienten (TaG3/T1G3) wurden randomisiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 25 Monate (0,3-136). Das Nebenwirkungsprofil beider Gruppen war vergleichbar (p=0,42). Bei einer gesamten 5-Jahres Rezidiv-Freiheit von 61% zeigte sich ein signifikanter Vorteil der Connaught (75%) gegenüber der Tice Guppe (46%), eine verlängerte mediane Rezidivfreiheit (28 vs. 22 Monate), eine insgesamt verringerte Rezdivrate (p=0,002) und ein besseres 5-Jahres progressionsfreies Intervall (95% vs. 87%, p=0,059). Allerdings zeigte sich kein Unterschied im Gesamtüberleben. Diese sehr interessanten Daten zeigen sehr deutlich, dass die verschiedenen BCG-Stämme Unterschiede in der Effektivität bezogen auf das Rezidiv aufweisen. Obwohl das Gesamtüberleben nicht beeinflusst ist, sind diese Daten jedoch nicht unerheblich bezogen auf den Patientenkomfort, Anzahl der Resektionen usw. [2].
Auch im murinen Modell (MB49/Bl-6) konnten Unterschiede dieser beiden BCG-Stämme bezüglich der lokalen T-Zellantwort und dem Überleben gezeigt werden. Zusätzlich zeigte eine subkutane BCG-Applikation vor intravesikaler BCG-Instillation vorteilhafte Effekte mit einer verbesserten Anti-Tumor Antwort. Ob ein subkutaner BCG-Boost auch beim Menschen onkologisch effektiv ist muss durch zukünftige Untersuchungen geklärt werden [3].
Die Arbeitsgruppe aus Rochester/USA befasste sich mit der Frage inwieweit Vitamin D die Wirkung von BCG beeinflussen kann und präsentierte erste Daten in Atlanta 2012 (AUA). Gründend auf der Tatsache, dass ein Vitamin D Mangel mit einer erhöhten Risiko für eine Tuberkuloseerkrankung einhergeht und der positive Effekt der UV-Exposition bei Tuberkulosekraken via Aktivierung von Vitamin D und konsekutiv der Immunzellen zu erklären ist untersuchten sie den Einfluss von Vitamin D auf die durch BCG aktivierten Immunzellen. In-vitro zeigte sich, dass durch die Vitamin D Applikation die Produktion von BCG-induziertem Interleukin-8 unterstützt wird. Eine Verbesserung der anti-tumor Effekte von BCG durch zusätzliche Gabe von Vitamin D zeigte sich auch im orthotopen murinen Modell: bei gleichzeitiger intravesikaler Instillation von BCG/Vitamin D zeigte sich bei den Mäusen ein im Vergleich zur alleinigen BCG-Instillation verbessertes Überleben. Dieser sehr interessante Ansatz zur Verbesserung der BCG-Wirkung sollte weiter verfolgt werden, um abzuklären inwieweit sich diese noch experimentellen Daten beim Menschen bestätigen mit dem Ziel eine Optimierung der BCG-Therapie zu erreichen [4].
Interleukin-10 (IL-10) verringert die Th1-gewichtete Immunantwort und somit die BCG-Wirkung. In Atlanta (AUA) präsentierte Bockholt et al aus Iowa erste in-vitro und in-vivo Ergebnisse zum Einsatz eines monoklonalen Antikörpers, welcher selektiv den IL-10 Rezeptor blockiert (anti-IL-10R1). In-vitro zeigte sich eine dosisabhängige Steigerung der Interferonproduktion in Kombination mit BCG. Im murinen in-vivo Modell zeigte sich intravesikal eine gesteigerte Th1-Antwort auf die BCG-Therapie. Zusätzlich überlebten die mit BCG+anti-IL-10R1 behandelten Mäuse länger als die Tiere der Kontrollgruppe, welche nur mit BCG behandelt wurden. Diese ersten sehr vielversprechenden Daten zum Einsatz des monoklonalen Antikörpers anti-IL-10-R1 zur Steigerung der Effektivität einer intravesikalen BCG-Therapie zeigen, dass auch hier zielgerichtet therapiert werden kann. Weitere Untersuchungen und Studien sind unerlässlich um diese potentielle Wirkung und den damit verbundenen Nutzen für den Patienten zu eruieren [5].
Metastasiertes Urothelkarzinom (mTCC)
Ergebnisse der prospektiv, randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase II AUO-Studie AB31/05 wurden in Hamburg 2011 (DGU) vorgestellt. 89 Patienten waren auswertbar und erhielten „first-line“ die Standardtherapie Gemcitabine/Cisplatin und Placebo (Arm A, n=49) oder Gemcitabine/Cisplatin in Kombination mit dem TKI Sorafenib (Arm B, n=40). Nach median 4 Zyklen kam es unter der Hinzunahme von Sorafenib zu signifikant mehr Diarrhoen, bei ansonsten vergleichbaren Nebenwirkungen. Die Ansprechraten (p=0,57), das progressionsfreie Überleben (183 vs. 189 Tage, p=0,69) und das Gesamtüberleben (317 vs. 340 Tage, p=0,66) waren nicht signifikant unterschiedlich. Die zusätzliche Gabe von Sorafenib zu den Chemotherapeutika Gemcitabine/Cisplatin im Rahmen der „first-line“ Therapie ist aufgrund dieser Daten nicht sinnvoll [6].
Die Kombination des Antikörpers Bevacizumab (Bev) mit den Chemotherapeutika Gemcitabine und Carboplatin zeigte in einer Phase-II Studie einen Benefit. 47 von 51 Pat. (Ø 67 J.) waren auswertbar: es zeigte sich ein CR bei 6% (n=3) und ein PR bei 43% (n=20, RR 49%). Einen stabilen Verlauf zeigten 23% (n=11). Das mediane OS betrug 14,7 Monate bei einer medianen Zeit bis zum Progress von 6,5 Monaten. Allerdings traten bei 39% der Pat. Grad 3/4 Toxizitäten auf, bei 18% vaskulär-thrombo-embolische Nebenwirkungen. Durch die Hinzunahme des Antikörpers konnte in dieser kleinen Population die Zeit bis zur Progression und das Gesamtüberleben relativ verbessert werden. Weitere multizentrische Studien sind unerlässlich um den Nutzen dieser Kombinationstherapie auch im Hinblick auf die nicht unerheblichen Nebenwirkungen zu evaluieren [7].
Auch bezüglich des oralen m-TOR Inhibitor Everolimus als Mono-Second-Line-Therapie wurden interessante Daten auf dem ASCO 2011 in Chicago präsentiert. Seront und Mitarbeiter konnte einen moderaten Nutzen bei 37 Patienten von 10mg/d Everolimus zeigen: 8 Wochen nach Therapiebeginn zeigte sich ein partielles Ansprechen bei 5% (n=2), bei 22% (n=8) ein stabiler Befund und bei 73% (n=27) ein Progress. Die Dauer des Therapieerfolges betrug maximal 52 Wochen (n=1, 16 Wochen n=4, 24 Wochen n=2). Das Toxizitätsprofil war tolerabel. Zusätzlich wurden mehrere Biomarker im Plasma untersucht und es zeigte sich an dieser kleinen Kohorte, dass Angiopoietin-1, PDGF-AB und Endoglin mit dem Verlauf korrelieren (z.B. Abfall von Ang-1 bei PR/SD) [8].
Die Gruppe um Milowsky kam bei einer monozentrischen Phase-II Studie zu ähnlichen Ergebnissen: bei 37 auswertbaren Pat. betrug das mediane progressionsfreie Überleben 3,3 Monate bei einem medianen Überleben von 10,5 Monaten bei einer Mono-Therapie mit Everolimus [9].
Kürzlich wurden auf dem ESMO 2010 vielversprechende Daten zum Einsatz des TKI Pazopanib (800mg/d) beim mTCC vorgestellt. Aktuelle Zahlen bei 30 Patienten nach multiplen Vortherapien zeigten nach RECIST ein partielles Ansprechen bei 13% (n=4) und eine stabilen Krankheitsverlauf bei 67% (n=20). Orientierte man sich an Nekrosezeichen in der Bildgebung zeigte sich sogar ein Ansprechen bei 63%. Die Nebenwirkungen waren moderat (Grad1/2) und eine Dosisreduktion/Verzögerung/Abbruch der Therapie war nie nötig. Obwohl auch 29% der Pat. mit einem mTCC des oberen Harntraktes in die Studie eingeschlossen wurden ergaben sich 4 Wochen nach Therapiebeginn Ansprechraten von 80%. Die Autoren schlussfolgern, dass die Ansprechraten aufgrund der nachgewiesenen Nekroseareale der Läsionen in der Bildgebung sogar noch höher liegen und fordern „neue“ Bemessungskriterien bei der Evaluation des Ansprechens von Angiognese-Inhibitoren. Unabhängig von der Interpretation der Bildgebung sind diese Daten an einem nicht repräsentativen Kollektiv kritisch zu sehen. Auch unter der Tatsache, dass eine andere Arbeitsgruppe auf dem ASCO 2011 diese doch äußerst positiven Ergebnisse an 19 Patienten nicht nachvollziehen konnte: Es zeigte sich bei 16 auswertbaren Patienten kein Ansprechen nach RECIST bei einem sehr moderaten medianen PFS von 1,9 Monaten [10,11].
In Hamburg (DGU 2011) und Paris (EAU 2012) 2012 wurden die ersten Ergebnisse der AUO-Studie AB35/09 vorgestellt. 18 Patienten waren auswertbar. Diese erhielten eine Kombination des Chemotherapeutikums Paclitaxel (175 mg/m2 i.v. alle 3 Wochen) und des m-TOR Inhibitors Everolimus (10mg/d p.o.) als Second-line Therapie nach Cisplatin-basierter Vortherapie. Im Median wurden 3 Zyklen appliziert. Grad 3/4 Toxizitäten zeigten sich bei 55,5% der Patienten (10/18): 22% Anämie, 17% Leukopenie, 11% Thrombopenie. Everolimus musste bei 7 Patienten, Paclitaxel bei 2 Patienten reduziert werden. Diese ersten Daten zeigen, dass die Kombination dieser beiden Substanzen sicher ist und keine Zunahme der Toxizitäten aufweist. Mit Spannung werden nun die Daten bzgl. des Ansprechens und Überlebens erwartet [12].
Eine japanische Arbeitsgruppe präsentierte in Paris 2012 (EAU) Daten einer Phase-I Studie: es erfolgte eine 4-malige Vakzination mit einem „survivin-derived-peptide“ (SDP) subkutan alle 2 Wochen in Kombination mit einer Interferon-Injektion 2mal/Woche. 9 Patienten wurden eingeschlossen in die Untersuchung, welche HLA-A24 positiv waren und der Tumor eine Survivin-Expression zeigte. Bei zwei Patienten zeigte sich unter Therapie ein Progress mit konsekutivem Abbruch. Die Verträglichkeit war bis auf intermittierendes Fieber bei 8 Patienten sehr gut. Es zeigte sich bei 6 Patienten ein signifikanter Anstieg der peptid-spezifischen zytotoxischen T-Zellen. Zu einer dezenten Tumorreduktion kam es bei 1, zu einem stabilen Verlauf bei 4 Patienten. Diese ersten Phase-I Daten zeigen, dass dieser immunologische Ansatz, bis auf die gängigen Nebenwirkungen einer Immuntherapie, sicher scheint bei gleichzeitiger anti-tumorösen Aktivität. Weitere Studien müssen folgen, um die Wirksamkeit dieses innovativen immuntherapeutischen Konzeptes zu klären [13].
Auch der Einsatz des EGFR-Inhibitor Cetuximab in der Zweitlinientherapie mit/ohne Paclitaxel zeigte vielversprechende Ergebnisse, ebenso wie erste Erfahrungen mit dem Polo Like Kinase 1 Hemmer Volasertib [14,15].
Für die Zukunft darf man erwarten, dass speziell die therapeutische Bandbreite des mTCC durch die Einführung der bereits etablierten als auch neuen Targetsubstanzen und der immun-modulatorischen Therapieansätze deutlich größer wird. Unerlässlich für dieses Vorhaben ist natürlich ein Verständnis für die Tumorprozesse und deren weitere Entschlüsselung.
Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom ist in der westlichen Welt die häufigste Krebserkrankung des Mannes und eine der häufigsten Krebstodesursachen. In den letzten Jahren sind wesentliche Erfolge in der Behandlung des lokalisierten Prostatakarzinoms mittels Operation und Strahlentherapie erzielt worden. Problematisch bleibt weiterhin die Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms. Bisherige Behandlungsstrategien wie antiandrogene Therapie und Chemotherapie sind hinsichtlich der Effektivität, Toleranzentwicklung und Kreuzresistenz eingeschränkt. Durch das zunehmende Verständnis der Immunologie und insbesondere der Tumorimmunologie wächst die Hoffnung auf eine neue Therapiemodalität mit unabhängigem Wirkmechanismus und niedriger Toxizität.
Immunsystem und Krebs
Unter den möglichen Formen einer Immuntherapie ist insbesondere die adaptive Immunantwort interessant, da sie zwischen Fremd- und Eigenantigenen unterscheiden kann. Das adaptive Immunsystem wird überwiegend von den Antigen-Präsentierenden Zellen (APC) gebildet. Dazu zählen die Dendritischen Zellen (DC) und die CD4+ und CD8+ T-Zellen. APCs können T-Zellen durch die Präsentation von endogenem als auch exogenem Protein mittels des Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) aktivieren. Die Stimulation des T-Zell-Rezeptors und anderer Oberflächenrezeptoren führt dann zu einer optimalen T-Zellantwort [1]. Krebserkrankungen können durch Interaktionen mit dem Immunsystem zu einer Schwächung des adaptiven Immunsystems führen. Mechanismen im Defekt der Antigenpräsentation der APCs, Förderung eines immunsuppresiven Milieus, Veränderung der Zytokinkaskade, T-Zell-Blockierung und Hochregulierung der T-Suppressorzellen sind mögliche Angriffspunkte zur Schwächung der Immunabwehr.
Rationale für den Einsatz der Immuntherapie beim Prostatakarzinom
Insbesondere die Tumorvakzinierung scheint beim Prostatakarzinom aus mehreren Gründen ein sinnvoller therapeutischer Ansatz zu sein [2]. Erstens, durch die geringe Proliferationsrate des Prostatakarzinoms hat das Immunsystem ausreichend Zeit für eine adäquate Immunantwort. Zweitens bietet das Prostatakarzinom eine Reihe von Oberflächenmarkern (z.B. PSA oder PAP oder PSMA), die für eine Vakzinierung verwendet werden können. Drittens ist die Prostata von Seiten der Organfunktion prinzipiell entbehrlich und damit ist das zu erwartende Nebenwirkungsspektrum einer spezifischen Immunantwort als gering einzustufen.
Verschiedene Ansätze der Immuntherapie beim Prostatakarzinom
DC-Vakzine
Sipuleucel-T (Provenge, Dendreon, USA) wurde von der US Food and Drug Administration (FDA) im April 2010 zur Behandlung des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zugelassen. Sipuleucel-T besteht aus autologen DCs, die beim Patienten durch Leukophorese gewonnen werden, und dann mit dem Fusionsprotein (PA2014) bestehend aus PAP und GM-CSF kultiviert werden. Die Zulassung beruht auf eine positive Phase 3 Studie (IMPACT), in die 512 Männer mit kastrationsresistenten, metastasierten Prostatakarzinom eingeschlossen wurden, die noch keine Chemotherapie erhalten hatten. Im Vergleich zum Placebo-Arm war das mediane Überleben signifikant verlängert, das Versterberisiko war in der Sipuleucel-T-Gruppe um 22% reduziert. Auffällig war, dass dabei das Tumoransprechen minimal war und die Zeit bis zur Tumorprogression sich zwischen den beiden Armen nicht unterschied. Die Verträglichkeit der Therapie war allerdings gut bis moderat. In Subgruppenanalysen zeigte sich der Überlebensvorteil über alle Subgruppen identisch [3].
Vakzine mit viralen Vektoren
Diese Vakzinierung bedient sich viraler Vektoren, um Tumorantigene in APGs einzuschleusen. Ein Beispiel dieser Strategie ist Prostvac-VF (BN Immunotherapeutics, USA), das aus zwei rekombinanten viralen Vektoren besteht und für PSA und TRICOM codieren. TRICOM wird für die Expression ko-stimulierende Moleküle (ICAM, CD54, CD80, CD58) eingesetzt. In einer placebo-kontrollierten Phase 2-Studie erhielten 82 Patienten mit kastrationsresistenten, minimal symptomatisch metastasierten Prostatakarzinom Prostvac-VF und 40 Patienten einen Kontroll-Vektor (Placebo). Ähnlich wie in der IMPACT-Studie fanden sich keine Unterschiede im progressionsfreien Überleben zwischen den Behandlungsgruppen. Nachdem die Studie bereits als „negativ“ bewertet wurde, zeigte nach 3 Jahren nach Studienende ein signifikant besseres Überleben in der Behandlungsgruppe mit Prostvac-VF (25.1 Monate versus 16.6 Monate, p = 0.0061). Das 3-Jahres-Überleben war mit 30% versus 17% ebenfalls in der Prostvac-VF-Gruppe besser [4]. Basierend auf diesen ermutigenden Daten sind eine Reihe weiterer Studien mit dem Ziel der Zulassung unterwegs.
DNA-basierte Vakzine
DNA-basierte Vakzine basieren auf einem DNA-Plasmid, das für ein spezifisches Tumorantigen codiert. Nachteil ist die geringere Immunisierung gegenüber den viralen Vektoren. In zahlreichen Untersuchungen wird versucht, durch zusätzliche Zytokingabe (GM-CSF oder IL-2), Zugabe weiterer Plasmide oder Modifikationen des DNA-Plasmids, die Immunogenität zu verstärken. In einer Phase 1/2 Studie sind 22 Patienten mit einem DNA-Plasmid für PAP zusammen mit GM-CSF behandelt worden. Dabei konnte die PSA-Verdopplungszeit signifikant verlängert werden (6.5 Monate auf 8.5 Monate unter Therapie) [5].
mRNA-basierte Vakzine
mRNA-basierte Vakzine haben den Vorteil, dass ihre Wirksamkeit nur auf das Zytoplasma angewiesen ist und keinen Promotor benötigt. Die Vakzinierung kann über mehrere Methoden erfolgen wie zum Beispiel via Einschluss in Liposomen oder in vitro Transfektion. CV9103 (CureVac, Deutschland) ist eine mRNA-Vakzine mit vier spezifischen Prostataantigenen, unter anderem für PSA und PSMA. Erste klinische Anwendungen sind in der Literatur berichtet worden [6].
Peptid-basierte Vakzine
Vorteil der Peptid-basierten Vakzinierung ist die einfache Herstellung und der zielgerichtete Einsatz gegen unterschiedliche tumorassozierte Antigene. Nachteilig sind auch hier die geringe Immunogenität und die Entwicklung einer schnellen Immuntoleranz gegen die Vakzine. In der klinischen Erprobung befindet sich MKC1106-PP (Mann Kind Corporation, USA), eine Kombination aus DNA- und Peptid-basierten Vakzine. Die Applikation erfolgt durch Injektion in Lymphknoten. Klinische Therapieeffekte bei guter Verträglichkeit wurden berichtet [7].
Tumorzell-basierte Vakzine
Eine Vakzinierung mit Tumorzellen hat den Vorteil einer Immunisierung mit einer Vielzahl von verschiedenen Tumorantigenen. Dies könnte zu einer mehr generalisierten T-Zellantwort gegen multiple Antigene führen. Sowohl autologe als Tumorzelllinie sind klinisch getestet worden. Bei prostate-GVAX (Cell Genesys, USA) kommt eine Zelllinie zum Einsatz, die auf LNCaP und PC-3 beruht. Phase 3-Studien zeigen bisher negative Ergebnisse [8].
Eine Reihe weiterer immunologischer Angriffspunkte befinden sich in der klinischen Erprobung [9].
Zusammenfassung
Die Verbesserung des Gesamtüberlebens durch Sipuleucel-T führte zur Zulassung des ersten Immuntherapeutikums in der Behandlung des kastrationsresitenten Prostatakarzinoms. Allerdings ist der klinische Benefit bisher nur als moderat einzuschätzen. Weitere Strategien der Immuntherapie sind vielversprechend. Aufgrund der guten Verträglichkeit scheint in Zukunft auch eine Kombination verschiedener Immuntherapien möglich zu sein. Weitere Untersuchungen und Identifizierung von Prognosemarkern bzw. Biomarkern sind notwendig, um diejenigen Patienten zu identifizieren, die am besten von einer Immuntherapie profitieren.
Metastasiertes Nierenzellkarzinom
Nachdem beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mNZK) die Therapie viele Jahre aus einer Immunbasierten Therapie mit Interferonen und Interleukin-2, zum Teil auch kombiniert mit verschiedenen Chemotherapien (z.B. 5-Fluorouracil) bestand, hat sich das Therapiespektrum seit dem Jahr 2006 grundlegend gewandelt. Seitdem sind bislang sechs neue Medikamente für das mNZK zugelassen worden. Neben den oralen Tyrosinkinase Inhibitoren (TKI) Pazopanib, Sunitinib und Sorafinib sind die mTOR Inhibitoren Temsirolimus und Everolimus zugelassen. Bevacizumab als VEGF Antikörper wird in Kombination mit Interferon alfa verwendet und stellt damit derzeit die einzige Kombination eines neuen Präparates mit der früheren Standard-Immuntherapie dar. Ausser in Ausnahmefällen (z.B. Hochdosis Interleukin-2 Therapie mit dem Ziel der kompletten Remission) hat damit die Immuntherapie wie Sie früher verwandt wurde inzwischen ihre Bedeutung komplett verloren [1]. Zwar haben sich durch die neuen Therapien die Überlebenszeiten der Patienten verlängert, nicht auch zuletzt durch die Möglichkeiten der verschiedenen Folgetherapien, auch Nebenwirkungsraten sind zum Teil geringer geworden, trotzdem bleiben noch viele Fragen offen, die durch weitere Studien geklärt werden müssen. So ist die Sequenz der einzelnen Therapien in vielen Fällen unklar, Kombinationstherapien müssen untersucht werden und ein bislang ungelöstes Problem stellt die Behandlung Nicht-klarzelliger Karzinome dar. Im Folgenden soll versucht werden, auf einige dieser Fragen durch die Diskussion neuer Studienergebnisse einzugehen:
Neue Substanzen
Der US-Pharmakonzern Pfizer hat Ende Januar 2012 von der US-amerikanischen Arzneibehörde (FDA) die Zulassung für ein neues Medikament zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (mNZK) nach Versagen einer vorherigen systemischen Therapie erhalten: Das oral zu verabreichende Axitinib (InlytaTM) ist ein Tyrosinkinasehemmer, der selektiv die VEGF-Rezeptoren 1, 2 und 3 hemmt – und nach den auch in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln Sorafenib, Sunitinib, Temsirolimus, Everolimus, Bevacizumab und Pazopanib das siebte Arzneimittel ist, das zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms eingesetzt wird. Ausschlaggebend für die Zulassung war eine randomisierte, offene Multicenterstudie [2, AXIS-Trial] mit 723 Patienten mit klarzelligem mNZK nach Versagen einer vorherigen systemischen Therapie (entweder mit Sunitinib, Temsirolimus, Bevacizumab oder Zytokinen). Jeweils die Hälfte der Patienten erhielten entweder Axitinib (5 mg, zweimal täglich oral) oder Sorafenib (400 mg, zweimal täglich oral) bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder solange bis toxische Nebenwirkungen nicht mehr akzeptabel waren und zum Therapieabbruch zwangen. Von der Studie ausgeschlossen waren Patienten mit unkontrolliertem Bluthochdruck. Bei Patienten ohne Hypertonus oder ohne Nebenwirkungen grösser als Grad 2 konnt die Axitinib Dosis auf 7 und 10mg erhöht werden. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). Das mediane PFS war mit 6,7 Monaten bei den Axitinib-Patienten signifikant besser als bei den Sorafenib-Patienten mit 4,7 Monaten. (hazard ratio 0·665; 95% CI 0·544-0·812; p<0·0001).
Häufigste Nebenwirkungen unter Axitinib (≥ 20 %) waren Diarrhö, Bluthochdruck, Fatigue, verminderter Appetit, Übelkeit, Dysphonie (Beeinträchtigung des stimmlichen Teils der Artikulation), Hand-Fuß-Syndrom, Gewichtsabnahme, Erbrechen, Asthenie und Obstipation. Andere schwere unerwünschte Wirkungen unter Axitinib waren hypertensive Krise, arterielle und venöse Thrombosen, Hämorrhagie, gastrointestinale Perforation und Fistelbildung und reversibles Leukenzephalopathie-Syndrom. In Zukunft wird sich damit Axitinib als Zweitlinien Präparat neben Sunitinib etablieren.
Derzeit befinden sich zwei weitere orale TKI in klinischer Phase 3 Prüfung: Tivozanib ist ein Inhibitor gegen VEGFR 1,2,3 PDGFR und c-KIT. Die ersten Daten eine Studie mit Soprafenib in der Erstlinie zeigten ein signifikant verbessertes PFS von 11.9 Monaten bei Tivozanib im Vergleich mit Sorafenib mit 9.1 Monaten in der Gesamtpopulation. Als häufigste schwere Nebenwirkung trat ein arterieller Hypertonus auf. Dovitinib ist ein VEGFR und FGFR-Inhibitor, welcher durch die FGFR-Inhibition die Resistenz gegenüber der VEGFR-Inhibition aufheben soll. Derzeit wird dieser TKI in der Drittlinie versus Sorafenib nach TKI und mTOR untersucht.
Kombinationen
Neu ist ebenso eine Studie mit AMG 386, ein selektiver Angiopoetin-1 und -2 Antagonist der Firma Amgen. In einer randomisierten Phase II Studie von Rini [3] wurden 152 Patienten mit mNZK in 3 Armen in der Erstlinie behandelt. Im 1. Arm AMG 386 3mg/kg plus Sorafenib, im 2. Arm AMG 386 10mg/kg plus Sorafenib und im 3. Arm Placebo plus Sorafenib. Sorafenib wurde jeweils 2x400mg p.o. gegeben. Primärer Endpunkt war das PFS. Es zeigte sich in dieser Studie allerdings kein Vorteil durch die Kombination mit AMG 386 im PFS. Jedoch zeigte sich als Nebeneffekt in dieser Studie, dass das PFS von Sorafenib in Kombination mit Placebo in der Erstlinie bei 9 Monaten lag und damit deutlich höher als in früheren Studien wo das PFS nur bei etwa 5 Monaten lag, wodurch Sorafenib bisher nicht für die Erstlinie Therapie empfohlen wurde.
In der inzwischen publizierten Torava Studie [4] wurde die Kombination von Temsirolimus mit Bevacizumab, mit Sunitinib und mit Bevacizumab in Kombination mit Interferon alfa in einer Phase 2 Studie verglichen. Es wurden insgesamt 171 Patienten mNZK 2:1:1 randomisiert. Es wurden dabei die jeweils zugelassenen Dosierungen verwendet. Als Endpunkt wurde das PFS nach 1 Jahr gewertet. Dabei zeigte sich, das die Kombination Temsirolimus mit Bevacizumab keinen Vorteil im PFS hatte. Interessanterweise zeigte Bevacizumab mit Interferon das längste PFS mit 61%. Begründung dafür könnte sein, dass die Kombination Temsirolimus mit Bevacizumab so starke Nebenwirkungen hatte, das die Therapiezeit nur sehr kurz war. Auch unter Sunitinib war die Nebenwirkungsrate höher und damit die Therapiezeit kürzer.
Nebenwirkungen
Im Rahmen des Avoren-Trials (Zulassungsstudie von Bevacizumab) zeigt sich in einer Untergruppe, dass durch die Reduktion von Interferon alfa von 3×9 Mio IE auf 3×3 Mio. IE pro Woche die Nebenwirkungsrate deutlich reduziert werden konnte, während die Effektivität gleich blieb. Dies sollte in der Bevlin-Studie weiter untersucht werden. Es wurden in der einarmigen Studie 147 unbehandelte nephrektomierte Patienten mit metastasiertem klarzelligen NZK untersucht. Nachteil der Studie ist, das als Vergleichsgruppe nur ein historisches Kollektiv der Avoren Studie herangezogen wurde. Aber die Daten zeigen ein deutlich besseres medianes PFS von 14.8 Monaten in der Bevlin Studie im Vergleich zu 10.5 Monaten im Avoren Trial. Gleichzeitig konnte durch Reduktion der Interferon Dosis die Nebenwirkungsrate deutlich gesenkt werden: Fieber 19% versus 45%, Fatigue 27% versus 35%, Asthenie 8% versus 31%.
In der Effekt Studie [5] wurde untersucht, ob durch die kontinuierliche, aber geringe Gabe von Sunitinib (37.5 mg/Tag) im Vergleich zum üblichen Schema (50 mg über 4 Wochen / 2 Wochen Pause) die Nebenwirkungsrate vermindert bzw. die Effektivität gesteigert werden kann. Dazu wurden jeweils 146 mNZK Patienten in der Erstlinie 1:1 randomisiert. Ergebnis war ein schlechteres Ansprechen im Rahmen der kontinuierlichen verminderten Sunitinib Gabe (Zeit bis zur Progression 7.1 Monate versus 9.9 Monate mit der Standard Dosis). Auch die Nebenwirkungen konnten, wie in einer weiteren Studie gezeigt wurde, durch eine verminderte Dosis nicht signifikant gesenkt werden [6].
Aktuelle Studien
In der Erstlinientherapie wird im Rahmen der Comparz Studie Pazopanib versus Sunitinib untersucht. Bezüglich der Sequenztherapie beschäftigt sich die Switch Studie mit der Sequenz Sunitinib gefolgt von Sorafinib versus Sorafinib gefolgt von Sunitinib. In der Record-3 Studie wird Everolimus gefolgt von Sunitinib versus Sunitinib gefolgt von Everolimus untersucht. In der Zweitlinientherapie wird nach Versagen von Sunitinib die Wirkung von Temsirolimus versus Sorafinib untersucht. Zum Thema Kombinationstherapie gibt es die Intoract Studie welche die Kombination von Bevacizumab und Temsirolimus versus Bevacizumab und Interferon untersucht. Weiterhin die Record-2 Studie, welche Bevacizumab und Interferon versus Bevacizumab und Everolimus untersucht. Die Daten dieser genannten Studien sind 2012 bzw. 2013 zu erwarten.
Nicht-klarzelliges Nierenzellkarzinom
Es gibt bislang nur wenige Daten der neuen Substanzen zum nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinom. In der Regel handelte es sich um Subgruppen Analysen der bestehenden trials. Hierbei konnten in kleinen Patientengruppen durch die Therapie mit Sunitinib, Sorafenib, Tivozanib PFS im Mittel um 6 Monate erreicht werden. Temsirolimus konnte bei schlechten Prognose Gruppen bis zu 7 Monate PFS erreichen.
Beim papillären NZK scheint sich mit Foretinib eine interessante neue Substanz zu finden. Das papilläre NZK besitzt eine aktivierende Mutation in der c-Met Rezeptor Thyrosinkinase. C-Met ist involviert in der Angiogenese und fördert die Proliferation und Migration von Zellen. Foretinib ist ein dualer VEGFR und c-MET Rezeptor TKI und hemmt die Proliferation und Angiogenese im Tumor. Erste Daten einer Phase-2 Studie zeigten vielversprechende Ergebnisse mit bis zu 86% Response Raten.
DGFIT-Symposium im Rahmen des Urologischen Winterworkshops in Leogang 2012
zu aktuellen fachübergreifenden Themen der Immun- und Targeted Therapie
Die Deutsche Gesellschaft für Immun- und Targeted Therapie (DGFIT) war am 24.01.2012 als Guest Faculty auf dem 21. Urologischen Winterworkshop im verschneiten Leogang eingeladen. Das Programm war vielfältig und beleuchtete neben dem aktuellen „state-of-the-art“ Vorgehen beim Nierenzellkarzinom im Zeitalter der Target-Therapeutika sowohl neue Ansätze zur Optimierung der Therapie als auch innovative immuntherapeutische Optionen beim Prostatakarzinom. Prof. Dr. M. Siebels und Prof. Dr. A. Hegele leiteten das gut besuchte DGFIT-Symposium.
Ansätze zur Therapieoptimierung beim Nierenzellkarzinom
Der erste Beitrag von Dr. Ch. Keil aus der Marburger Arbeitsgruppe der Klinik für Urologie & Kinderurologie befasste sich mit den „Möglichkeiten für eine individualisierte Target-Therapie beim Nierenzellkarzinom“.
Der Referent stellte erste Daten zu Möglichkeit und Machbarkeit der individuellenBestimmung von Sunitinib und Sorafenib im Plasma bei Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom mittels Tandemspektrometrie vor. Diese ersten Daten konnten zeigen, dass die Wirkspiegel von Sunitinib und Sorafenib im Plasma nachweisbar sind und die Höhe der Spiegel mit dem Rhythmus und der Dosierung der Einnahme der Substanzen korrelieren. Bei Dosisreduktion z.B. aufgrund von Nebenwirkungen konnte beispielsweise ein Abfall der Konzentration gezeigt werden,ebenso wie ein Rückgang in der Therapiepause. Dieser sehr interessante Ansatz zur Optimierung der Therapie und Reduktion der Nebenwirkungen mittels Bestimmung individueller Wirkspiegel wird durch die Arbeitsgruppe weiter verfolgt: geplant ist eine Evaluierung speziell mit Fokus auf die Korrelation der Plasmaspiegel auf das Ansprechen an einem größeren Patientenkollektiv.
Aktuelle Sequenztherapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom
Über die „Aktuelle Sequenztherapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom“ referierte Prof. Dr. M. Siebels. Nach Vorstellung der zugelassenen Substanzen beschrieb Siebels, dass bei der Auswahl der primären Therapiestrategie der Ort der Metastasen (pulmonal, viszeral, lymphogen) ebenso wie der Allgemeinzustand des Patienten und die zu erwartenden Nebenwirkungen bei der individuellen Therapieplanung mit in Betracht gezogen werden müssen. In der Sequenz steht aktuell durch die bereits zugelassenen (und zukünftig durch die noch in der klinischen Erprobung befindlichen) Substanzen eine Vielzahl von möglichen Kombinationen zur Verfügung. Auch die Leitlinien der Fachgesellschaften ändern sich hier stetig und rasch. Erfreulicherweise zeigen die vorliegenden Daten, dass sich mit einer Sequenztherapie die Überlebenszeiten der einzelnen Target-Substanzen summieren. So kann z.B. mit einer Firstline-Therapie mit Bevacizumab/Interferon und einer sich anschließenden Tyrosin-Kinase-Inhibitor-basierten Therapie eine Überlebenszeit von über 3 Jahren erreicht werden. Siebels präsentierte die aktuell verfügbaren Daten zu den unterschiedlichsten Sequenztherapien, die aktuell initiierten Studien zu diesem hoch aktuellen Thema und gab zusätzlich noch einen kurzen Ausblick auf die neuesten frühen klinischen Entwicklungen.
Chirurgie in Zeiten der Target-Therapie – was soll man beachten?
Bei der „historischen“ Immuntherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms zeigte sich ein Überlebensvorteil, wenn primär eine zytoreduktive Neph-
rektomie durchgeführt wurde. Dr. A. Becker aus der Hamburger Arbeitsgruppe referierte zu diesem Thema und stellte die aktuelle Datenlage dar. Die Rationale für die palliative zytoreduktive Nephrektomie stellt die Reduktion von Tumorlast mit konsekutiv weniger Target-Zellen und somit womöglich einer effektiveren Target-Therapie dar. Bislang existieren keine aussagekräftigen Daten aus prospektiv randomisierten Studien, es liegen lediglich Daten aus Subgruppenanalysen der einzelnen Zulassungsstudien vor, erklärte Becker. Hier aber zeigte sich ein Vorteil im progressionsfreien Überleben für die zytoreduktive Nephrektomie mit sich anschließender Sunitinib-Therapie, allerdings nicht bei High-Risk-Patienten. Retrospektive Daten an 314 Patienten erbrachten ebenfalls einen Vorteil für die zytoreduktive Nephrektomie vor VEGF-Therapie im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Therapie. Aber auch die Rationale der neoadjuvanten Target-Therapie bietet laut Becker je nach Befund Vorteile für den Patienten, allerdings existieren auch hier keine prospektiv randomisierten Daten. Becker schlussfolgerte, dass die aktuell verfügbaren Daten die Durchführung einer zytoreduktiven Nephrektomie unterstützen, aber ebenso bei primär nicht resektablen Befunden ein Downstaging mit einer initialen Target-Therapie erreicht werden kann. Wichtig ist die Selektion der Patienten z.B. anhand der Motzer-Kriterien, des Weiteren müssen die Ergebnisse aktueller Studien zu diesem Thema abgewartet werden.
Immuntherapie in der Uro-Onkologie
Dr. C. Pöhlein aus Seattle, USA trug zur „Immuntherapie in der Uro-Onkologie“ vor: „Sipuleucel-T (Provenge®) – die erste FDA-zugelassene autologe, zelluläre Immuntherapie zur Behandlung vom metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom. Pöhlein berichtete über die Ergebnisse der IMPACT-Studie (512 Patienten): Es zeigte sich nach einem medianen Follow-up von 34 Monaten ein signifikanter Überlebensvorteil von 4,1 Monaten im Vergleich zur Placebogruppe. An Nebenwirkungen sind vor allem die für ein Immuntherapeutikum typischen grippeähnlichen Symptome wie Schüttelfrost, Pyrexie und Kopfschmerzen zu nennen. So stellt Sipuleucel-T aktuell die erste autologe therapeutische Vakzine dar, welche zu einem Überlebensvorteil beim Prostatakarzinom führt. Erstaunlicherweise zeigte sich aber kein Unterschied bei anderen messbaren Parametern wie PSA und radiologischem Ansprechen. Sipuleucel-T bewirkt eine Aktivierung der T-Zellen und Antigen-präsentierenden Zellen (APC): Dies ist nachweisbar an einer Up-Regulation von CD54 und einer Steigerung der Zytokinproduktion, welche in den bisherigen Untersuchungen als Biomarker zum Einsatz gekommen sind, um die Aktivität von Sipuleucel-T zu erfassen. Ziel ist, diese neue und innovative Immuntherapie des Prostatakarzinoms
auch möglichst schnell in Europa einzuführen und deren exakten Wirkmechanismus weiter aufzuklären, erläuterte Pöhlein. Zulassungsstudien sind hierzu geplant.
Neue Daten zur Therapie der small renal masses (SRM) mit Hilfe ablativer Verfahren
Im Anschluss referierte Prof. Dr.T. Helmberger über „Neue Daten zur Therapie der small renal masses (SRM) mit Hilfe ablativer Verfahren“. Die Definition einer SRM ist bis dato nicht eindeutig geklärt, normalerweise sind es Tumoren bis zu einer Größe von 4 cm. Eine Meta-Analyse der Biopsieergebnisse an 1.375 SRM zeigte laut Helmberger bei über 50% der Tumoren eine maligne und an über 30% eine unklare Histologie. Die Entscheidung zur Durchführung einer lokalen Ablationstherapie der SRM muss interdisziplinär zwischen dem Urologen/Onkologen und dem interventionellen Radiologen auch unter Anbetracht der individuellen Patientensituation (Komorbiditäten etc.) getroffen werden. Als Verfahren können aufgrund der Datenlage die Radiofrequenzablation (RFA) als auch die Kryoablation eingesetzt werden. Für HiFU, Laser, Mikrowelle etc. ist die Datenlage bei z.T. signifikanten Rezidivraten nicht ausreichend. Nach Erläuterung der Indikationen und Kontraindikationen für eine lokale Ablation präsentierte Helmberger mehrere sehr beeindruckende Fallbeispiele: Neben SRM zeigen z.B. auch Lymphknotenmetastasen ein gutes Ansprechen auf eine RFA. Unabhängige Prognosefaktoren für den Erfolg einer Ablation sind die Tumorgröße und die periphere Lokalisation des Tumors. Auch die Nähe des Tumors zum Nierenbeckenkelchsystem stellt, bei erhöhtem Blutungsrisiko, kein Risiko für eine inkomplette Ablation dar. Helmberger erläuterte, dass die Komplikationsrate der RFA sehr gering (< 2%) ist, der onkologische Erfolg gemessen am rezidivfreien Überleben nach 3 Jahren bis zu 92% beträgt, und die Nierenfunktion sich nicht verschlechtert. Eine Meta-Analyse an 1.375 Tumoren zeigte, dass die Behandlung mittels Kryoablation signifikante Vorteile im Vergleich zur RFA in Bezug auf den Erfolg der einmaligen Therapie als auch der lokalen Tumorkontrolle bietet, ein Nachteil sind höhere Komplikationsraten aufgrund des laparoskopischen Vorgehens. Zusammenfassend stellen die RFA und Kryoablation eine sinnvolle therapeutische Option für Patienten dar, die für eine operative Therapie (welche die besten Überlebensraten aufweist) nicht geeignet sind.
Tipps und Tricks bei der praktischen Durchführung von Immun- und Target-Therapien
Als letzter Redner des DGFIT-Symposiums gab PD Dr. A. Hegele aus Marburg „Tipps und Tricks bei der praktischen Durchführung
von Immun- und Target-Therapien“. Hegele PD Dr. A. stelte dar, dass sich sowohl das Nebenwirkungsprofil der Immun- und Target-Therapeutika als auch die Interaktionen dieser „biologic agents“ ganz klar von denen einer Chemotherapie unterscheiden. Erfreulicherweise führen die unterschiedlichen Substanzen in der Mehrzahl der Fälle nur zu Grad 1-2-Toxizitäten, dies allerdings sehr häufig und je nach Substanz in andersartiger Ausprägung. Hegele stellte klar dar, dass der optimale Erfolg in dieser palliativen Situation einen Erhalt der individuellen Lebensqualität, verbunden mit einer Verlängerung der Lebenszeit bedeutet. Deshalb ist es für den behandelnden Arzt unerlässlich, die möglichen Nebenwirkungen der einzelnen Substanzen sowie deren Prävention und Beherrschung zu kennen. Hierzu gehören auch eine Patienteninformation/-aufklärung und regelmäßige Kontrolluntersuchungen, angepasst an die zu erwartenden und auftretenden Nebenwirkungen der einzelnen Substanzen. Inwieweit sich die auftretenden Nebenwirkungen in der Sequenz- oder Kombinationstherapie verändern, mit dem Ansprechen korrelieren und im Alter hinnehmbar und sinnvoll sind, wird durch aktuelle und zukünftige Studien beantwortet werden müssen.
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